27.05.2022

Auf dem Prüfstand: Ihre Usability

User Experience, Usability, User Centered Design – Begriffe, an denen kein Weg mehr vorbeiführt. Jedenfalls nicht, wenn Sie sich eine digitale Anwendung wünschen, die mehr kann als nur gut auszusehen. Denn Nutzer im Zeitalter der Digitalisierung haben schier unbegrenzte Möglichkeiten, aber nur begrenzt Zeit. Grund genug die eben genannten Begriffe auf dem Prüfstand zu stellen. Heute: das UX Review und warum ein Usability Review auf jeden Fall dazu gehören sollte.

Der Lebenszyklus digitaler Lösungen

Etwas, das wir sehr gerne miterleben, ist die Freude über das neue Erscheinungsbild beim Relaunch einer Webanwendung. Dafür wurde auf verschiedenen Ebenen viel Arbeit investiert: von Analyse, Konzeption, UX Design, UI Design bis zur technischen Umsetzung. Wenn diese Arbeiten gut gemacht wurden, haben alle Beteiligten lange Zeit nicht nur Freude an der neuen Lösung, sondern der Webauftritt unterstützt die Ziele und Werte Ihres Unternehmens auch optimal. 

Doch wie bei einer Immobilie kommt es auch bei einer digitalen Anwendung zu einer Art Zersetzungserscheinung. Ohne ständige Pflege der Immobilie wird nicht nur die Wohn- und Lebensqualität der Bewohner nach und nach beeinträchtigt, sondern es bildet sich ein Investitionsstau, dessen Auflösung in der Regel höhere Kosten mit sich bringt als bei einer kontinuierlichen Pflege des Objektes entstehen. Zwar gibt es bei digitalen Produkten keine eigentlichen Abnutzungserscheinungen, dafür sind digitale Produkte viel mehr dem Zeitgeist ausgeliefert und müssen mit Trends und neuen Technologien mithalten. Weblösungen sind also an Rahmenbedingungen gebunden, welche in den seltensten Fällen direkt beeinflusst werden können: das Marktumfeld, die Nutzerbedürfnisse und -erwartungen, technische Möglichkeiten, aber auch an Inhalte und Themen, deren Bedeutung sich laufend ändern kann.

Die folgende Infografik visualisiert den Verlauf der von Nutzern erlebten UX Qualität einer digitalen Anwendung in ihrer Zeitachse. Sinkt die wahrgenommene UX Qualität unter eine gewisse Schwelle hat das negative Auswirkungen: Schwindende Akzeptanz des Produktes, vielleicht sogar Reputationsschäden, finanzielle Verluste sowie Schäden in der Markenwahrnehmung. Im Vergleich dazu zeigt die zweite Infografik, dass die «erlebte UX Qualität» bei kontinuierlichen Optimierungen deutlich höher ist.


Wahrgenommene UX Qualität im Zeitverlauf ohne UX Review

Wahrgenommene UX Qualität im Zeitverlauf mit regelmässigen UX-Reviews und daraus resultierenden Massnahmen

Das Usability Review

Häufig fällt die Trennung zwischen Usability und User Experience schwer und es wird nur daran gedacht, dass Nutzer irgendwie zufriedengestellt werden sollen. Im Grunde ein guter und richtiger Gedanke. Dabei greifen UX und Usability ineinander, denn während die UX alle Erwartungen und die Wahrnehmung vor, während und nach der Nutzung umfasst, geht es bei der Usability um das reine Nutzungsverhalten. Das heisst: wie kann eine digitale Lösung genutzt werden und wie können Ziele und Erwartungen der Nutzenden erfüllt werden. Auch geregelt in ISO Norm 9241, die in verschiedenen Abschnitten die Qualitätsrichtlinien zur Sicherstellung der Ergonomie interaktiver Systeme beschreibt.

So weit, so gut, doch warum ist die Usability so wichtig? Fehlende Usability fällt in der Regel erst dann auf, wenn erwartete Conversions ausbleiben. Dann wenn Nachbesserungen teuer oder häufig nicht mehr umzusetzen sind. Weil eine durchdachte Usability einen grossen Nutzen verspricht, ist das Usability Review immer Teil unseres UX Reviews. Unabhängig davon, ob es sich um eine bestehende Lösung oder ein Konzept für eine neues Projekt handelt. Mehr zum UX Review und dem Erfolgsfaktor User Experience erfahen Sie übrigens in diesem Blogbeitrag.

Wodurch zeichnet sich eine gute Usability aus?

Beim Thema Usability gilt: Schliessen Sie nicht von sich auf andere. Nur weil eine Anwendung und deren Elemente für Sie selbsterklärend sind, muss das nicht auch für Ihre Zielgruppe der Fall sein. Denn sollte ein Nutzer nicht finden wonach er sucht, wird er es woanders tun und das bedeutet nichts anderes als bei der Konkurrenz. Etwas, das sich vermeiden lässt, wenn die Zielgruppe konsequent in den Mittelpunkt aller Überlegungen gestellt und die nachfolgenden fünf Komponenten durchdacht umgesetzt und bei Anpassungen oder Erweiterungen immer wieder berücksichtig werden.

1. Zentrale User Journeys

Nur wer seine Zielgruppe kennt, kann berücksichtigen, wie sich diese verhält und was sie erwartet. Personas dienen als Erweiterung einer Zielgruppenanalyse und helfen diese noch besser kennenzulernen. Das Verständnis für die Bedürfnisse der Zielgruppe bildet, unter Berücksichtigung der Geschäftsziele, die Grundlage des Usability Reviews. Anschliessend können die wichtigsten User Journeys identifiziert (Main User Journeys) und unter zu Hilfenahme der erstellten Personas nachvollzogen werden. Hierbei auftretende Unstimmigkeiten (zum Beispiel durch die oben beschriebenen sich verändernden Marktbedingungen) können die User Experience beeinträchtigen und sollten deshalb laufend analysiert und behoben werden.

2. Informationsarchitektur und Suche

Die Herausforderung digitaler Anwendungen ist die stetige wachsende Menge an Informationen so zu gestalten, dass diese auch gefunden werden. Wie diese gemeistert wird, ist dabei erfolgsentscheidend. Die Antwort auf nachfolgende Fragen helfen die Nutzer*innen an die Hand zu nehmen und Inhalte intuitiv zu gestalten:

  • Existieren redundante Inhalte?
  • Ist die Navigationsstruktur unklar oder missverständlich?
  • Sind Navigationspunkte sinnvoll gruppiert und strukturiert?
  • Ist das Naming für den Nutzer verständlich?
  • Sind wichtige Informationen (welche dies sind ergeben sich aus den vorausgegangenen Analysen) einfach und schnell auffindbar?
  • Sind verwandte Inhalte für den Nutzer erkennbar und erreichbar (Related Content)?

Eine On-Site Suche kommt inzwischen häufig zum Einsatz und ist - sofern korrekt umgesetzt – eine Funktion, die gerne von Nutzern in Anspruch genommen wird. Damit dies der Fall ist, sollte sie prominent platziert und als solche erkennbar sein. Erweiterte Funktionen wie Vorschläge zur Vervollständigung des Suchbegriffs, die Suche innerhalb von Assets wie PDF-Dateien und intelligent gewählte Filter und Sortierungen helfen dem Nutzer zusätzlich sich zurecht zu finden.

3. Bedienbarkeit und Websiteergonomie

In der Websiteergonomie geht es um die Anpassung der Website an die kognitiven und physischen Fähigkeiten und Eigenschaften des Nutzers. Wie einfach ist die Website von Nutzern zu bedienen und wo gibt es Probleme und Handlungsbedarf? Im Rahmen eines Usability Review werden deshalb unter anderem folgende Fragen gestellt:

  • Sind Menü-und Steuerungselemente immer als solche erkennbar und einfach zu bedienen?
  • Sind experimentelle Bedienelemente intuitiv und leicht zu erlernen und machen sie Spass (Joy-of-use)?
  • Sind umfangreiche Seiteninhalte optisch übersichtlich und gut strukturiert dargestellt?
  • Gibt es gut sichtbare Call-to-Actions, die Nutzer zur Interaktion motivieren?
  • Sind die Ladezeiten akzeptabel?
  • Ist die Gestaltung der Seite und aller Bedienelemente konsistent?
4. Optisches Erscheinungsbild und Design

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, dennoch kann auch das optische Erscheinungsbild Ihrer digitalen Lösung anhand einiger Faktoren analysiert werden.

  • Entspricht das Design der Corporate Identity des Unternehmens?
  • Ist das Erscheinungsbild zeitgemäss und erfüllt die Erwartungen der Zielgruppe?
  • Ist das Design konsistent oder gibt es Inkonsistenzen, die verwirren könnten?
  • Unterstützt das Design den Nutzer bei der Orientierung und sind Templates entsprechend ihrer Hierarchie im Seitenbaum unterschiedlich gestaltet?
5. Responsiveness

Die Nutzung von Mobile Devices wie Smartphone oder Tablet übersteigt bei vielen Websites bereits die Zugriffe über Desktop-Clients. Deshalb ist unverzichtbar, dass eine Webanwendungen auf verschiedenen Devices optimal funktionieren und dargestellt werden. Schwerpunkte sollten gemäss der Analytics Daten gesetzt werden, denn je nach Device unterscheidet sich auch die Usability sehr stark (Mauszeiger vs. Gestensteuerung). Sich daraus ergebende Usability Probleme müssen für Tablet und Mobile Devices gesondert analysiert und gelöst werden. Auch sollte nicht vergessen werden, dass Nutzer von mobilen Devices in anderen räumlichen Umgebungen surfen als Desktop-Nutzer und sich die Wahl des bevorzugten Device im Laufe des technologischen Wandels ändern kann.

 

Fazit: eine gute Usability zahlt sich langfristig aus

Wie ein Möbelstück, soll auch eine digitale Lösung ästhetischen und funktionalen Erwartungen gerecht werden. Oder würden Sie gerne den ganzen Tag auf einem Stuhl sitzend arbeiten, der zwar gut aussieht, aber unbequem ist? Eben. Eine durchdachte Usability stellt ihre Nutzer zufrieden, macht Spass und reduziert Frust und Verwirrung. Eine gute User Experience wirkt sich unmittelbar auf das Nutzer- und Markenerlebnis aus, optimiert Conversions, unterstützt die KPI des Unternehmens und vieles mehr. 

Damit diese positiven Effekte von Dauer sind, müssen es auch Ihre Anstrengung in Bezug auf die User Experience sein. Mithilfe eines kontinuierlich betriebenen Entwicklungs- und Optimierungsprozesses entstehen effizientere und qualitativ hochwertige Ergebnisse als es bei einer sporadischen Betrachtung der Komponenten (vgl. 1.-5.) möglich ist. So kann mit der richtigen Denk- und Arbeitsweise ein ökonomisches sowie technisch und nachhaltiges Nutzererlebnis geschaffen und aufrechterhalten werden. Mit dieser Kontinuität erübrigen sich eventuell sogar grundsätzlich vollständige oder Teil-Relaunches, Komplexität und Aufwand sinken und auf Grund der zeitlichen Verteilung der Massnahmen minimiert sich zudem deren Risiko.

Ihnen fehlen das Fachwissen und die Zeit, die notwendigen Optimierung selbst in die Hand zu nehmen? Sie wollen mehr erfahren? Dann helfen unsere erfahrenen UX Designer Ihnen gerne weiter. 

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Über die Autorin: Nadine Engler, UX/UI Designerin

Als studierte Mathematikerin ist es für Nadine ein Leichtes komplexe Aufgaben in ihre Bestandteile zu zerlegen. Ihre Leidenschaft für den Beruf als UI/UX Designerin resultiert aus der Kombination dieser analytischen Denkweise und Kreativität. Und weil sich Inspiration überall finden lässt, verbringt sie ihre Freizeit entweder auf dem Motorrad oder unter Wasser.